Ein weiter Weg ...
Mit der 6. Klasse die Dorfschule abgeschlossen sitzt das begabte, 15-jährige Bauernmädchen Ayla (Jana Vijayakumeran) auf dem kleinen Hof ihres Großvaters im Taurusgebirge der südöstlichen Türkei fest, um sie herum nur Ziegen und Olivenbäume. Natürlich ist es eine naive Vorstellung von Ayla, Europa sei nur fünf Tage von ihrem Heimatort entfernt – aber sie will glauben, was sie missverständlich von zwei Wandertouristen (Orsa Repp, Henry Dahlke) erfährt, die in der Nähe zelten. Mit einer gehörigen Portion Naivität macht sie sich auf den beschwerlichen Weg, ohne Pass und Geld reist sie über 3000 Kilometer, zu Fuß, mit Bus, Fähre und Zug. Im Laufe ihrer Reise begreift sie allmählich die Waghalsigkeit ihres Unternehmens, wobei es vor allem ihr starker Wille und natürliche Neugier sind, die sie Menschen begegnen lässt, welche ihr auf den verschiedenen Stationen weiterhelfen und sie so immer wieder vor einem möglichen Scheitern der Reise schützen. Von Istanbul aus macht sie sich entlang des Schwarzen Meeres auf in Richtung Bulgarien, durchquert den Grenzfluss und wird schließlich von einer Grenzpatrouille in ein Flüchtlingsheim nahe Sofia gebracht. Als sich auch dort keine Lösung abzeichnet, flieht sie und trifft schließlich an der Donau auf einen kleinen Wanderzirkus ...
Allgemeine Infos
Mit: Jana Vijayakumaran, Orsa Repp, Henry Dahlke, Gesa Köhler, Georg Koeniger, Vanya Ineva, Stefan Cassani, u. a.
Spielfilm 92 min, Full-HD / DCP
Regie: Orsa Repp / Friedl Wolffhardt
Kamera: Friedl Wolffhardt
Original-Ton: Gesa Köhler / Orsa Repp
Kostümbild: Orsa Repp
Lichtbestimmung: Jörg von Baczko
Tonmischung und Sounddesign: Benedikt Uebe
Bildschnitt: Friedl Wolffhardt / Orsa Repp
Musik: Christian Doll
Originalmusik Akkordeon: Stefan Cassani
sowie B L A C K T O P "Sun" "Your Adidas Look So Cool" "Pacific Groove" written by Gregory Nohr & Benedikt Uebe Recorded and mixed at B.U.M. Studio
Von der Idee zum Film
Im Jahr 2013 – die Flüchtlingsthematik war bereits in allen Medien Stoff für umfangreiche Diskussionen - bereiste Friedl Wolffhardt die Türkei zum ersten Mal und machte sich fünf Wochen lang auf den lykischen Weg, eine inzwischen begehrte Wanderroute für Menschen, die weitab von den touristischeren Strandgebieten Land und Leuten besser kennenlernen wollen. Seine umfangreichen Erfahrungen hat er in seinem ersten Buch "Die Maus, die im Türstock krabbelt" geschildert.
Im Herbst desselben Jahres unternahm er die Reise für drei Wochen noch einmal zusammen mit Orsa Repp.
Begegnungen:
Auf dieser langen Wanderroute war es für beide immer wieder ein Gewinn, mit vielen Einheimischen Zeit verbringen zu können und mit Menschen, die in abgeschiedenen Berggegenden als Bauern, Viehzüchter und auch Wirte von kleinen Pensionen ihren Lebensunterhalt verdienen, ins Gespräch zu kommen. Die Gespräche gestalteten sich über weite Strecken sehr kreativ – mit Händen und Füßen – da sich Wolffhardt und Repp die meiste Zeit mit drei Brocken türkisch durchschlagen mussten und ihre Gastgeber weitab von den Städten meist nur über die gleiche Anzahl an Vokabeln auf Englisch verfügten.
Eine Reisebekanntschaft
Eine dieser Begegnungen ließ beide nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nicht mehr los. Ein junges Bauernmädchen, schüchtern, freundlich und immer bemüht, den beiden Wandertouristen während ihres kurzen Aufenthaltes auf einem einsam gelegenen kleinen Berghof behilflich sein zu können, wurde zur Inspiration für eine Filmidee. Ihre Neugier – wenn auch nur weniger Brocken Englisch fähig - die Konzentration und Präsenz, die sie ausstrahlte, ihr tägliches Leben, das sie mit dem Hüten von Ziegen und dem Bewirten der spärlich gesäten Gäste verbrachte ließ die beiden Regisseure sich immer mehr mit dem möglichen Innenleben dieses Menschen auseinandersetzen. Wo lagen ihre Bedürfnisse, was waren ihre Träume, Wünsche, Hoffnungen?
In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wanderten viele türkische Staatsbürger nach Deutschland aus, in der Hoffnung, ihre Lebensumstände zu verbessern. Wo lagen die Parallelen zur inzwischen hochbrisanten Flüchtlingsthematik, zu den Menschen, die aufgrund von Krieg und Verfolgung in der Fremde eine neue Heimat finden müssen, wo die Unterschiede. So entstand die Idee, ein Drehbuch zu schreiben, das ein junges Mädchen aus der Einsamkeit und Abgeschiedenheit seiner anatolischen Bergwelt, mit seinen Träumen von einem besseren Leben in Europa, seiner Unerfahrenheit in der Welt und seinen Illusionen vom Leben auf ihrem dreitausend Kilometer langen Weg ohne Pass und finanzielle Mittel zu begleiten. Sie würde lernen müssen, Neues begreifen und sich mit der aktuellen Flüchtlingssituation auseinander zu setzen.
Der Filmdreh
In der folgenden Zeit setzten sich Repp und Wolffhardt intensiv mit der Thematik auseinander, so dass nach einigen Monaten das Drehbuch druckreif war und die umfangreiche Suche nach den Darstellern beginnen konnte. Schnell wurde deutlich, mit Jana Vijayakumaran die Idealbesetzung für die Hauptfigur, Ayla, gefunden zu haben. Die Drehzeit von Ende Juli bis Mitte September 2014 mit kleinem Team gestaltete sich für alle als Zeit mit durchaus mannigfaltigen Herausforderungen. Die Sommerhitze in der Türkei ließ definitiv niemanden kalt, Regisseur und Kameramann Wolffhardt drehte mehr als einmal aus Dornensträuchern heraus und Regisseurin Orsa Repp übernahm zusätzlich die Rolle der Touristin. Die Crew quälte sich tapfer teils zu Fuß mit dem Gesamtequipment einsame Berglandschafte rauf und runter, da wo definitiv kein Auto hinkommt, die Bergstraßen mit dem Wagen sicher entlang zu schlängeln erforderte so manches Gebet, in Istanbul, bunt, laut und lebhaft schmolz nachgerade der Asphalt. Die Schönheit der Landschaft aber sowie die große Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen in der Türkei machten nach einem langen Drehtag die Strapazen auch wieder wett. In Bulgarien wurden die Sprachprobleme dann weniger, da mit der Schauspielerin Vanja Ineva, einer gebürtigen Bulgarin, die Dolmetscherfrage geklärt war. Beeindruckend waren hier für das Team vor allem die Dreharbeiten in einem Flüchtlingslager in der Nähe der Hauptstadt Sofia.